Welche verschiedenen Akteure sind eigentlich beteiligt, bis Mathias in der Werkstatt ein Stück Holz verarbeitet? Um dir einen breiten Überblick zu ermöglichen, möchten wir in den nächsten Monaten verschiedene Beteiligte des Prozesses vorstellen und so einen Einblick in den Weg unseres Holzes geben. Dafür recherchieren wir, fragen Menschen die potentiell mehr Ahnung haben als wir und führen auch das ein oder andere Interview. Viel Spaß damit!
Unser erster Beitrag soll, wie schon oben erwähnt, die Rolle der Forstbetriebsgemeinschaften genauer aufzeigen. Dafür haben wir uns einen kompetenten Interviewpartner an die Seite geholt: Philipp Falk ist stellvertretender Geschäftführer der Waldbauernvereinigung Dinkelsbühl e.V. - und noch viel wichtiger: ein guter Freund!
Durch unsere Gespräche ist ein interessantes und informatives Interview entstanden, welches wir euch nicht vorenthalten möchten:
Waldbauernvereinigungen (oder auch Forstbetriebsgemeinschaften) sind eine Vereinigung von Waldbesitzern (früher meist Landwirte), die in den 50er Jahren zum Zweck der gemeinsamen Vermarktung von Holz gegründet wurden. Ziel war und ist es, durch eine größere Handelsmenge mehr Gehör am Markt zu bekommen und relevanter zu sein.
Diese Form der Zusammenarbeit gibt es in ganz Bayern, eine besondere Bedeutung hat sie jedoch im fränkischen Raum. Der Grund hierfür ist die dort praktizierte Realteilung beim Erbe und der Weitergabe an die Hofbesitzer. So sind viele kleine Partzellen mit einer durchschnittlichen Besitzgröße von ca. einem Hektar entstanden. In Oberbayern oder Schwaben dagegen ging in der Regel der ganze Besitz an einen einzigen Erben. Als Folge ist die durchschnittliche Besitzfläche dort deutlich größer.
Bis zur Forstreform im Jahr 2005 waren Forstbetriebsgemeinschaften in der Regel als gemeinnütziger, ehrenamtlich geführter Verein organisiert. Seitdem hat sich das Aufgabenfeld der Organisationen deutlich erweitert und es wurden viele Aufgaben, die früher Forstämtern zugeordnet waren, übernommen.
In diesem Zug gibt es mittlerweile hauptberufliche Geschäftsführer, die sich um das Tagesgeschäft der Waldbauernvereinigungen kümmern. Zur Unterstützung haben diese einen Forstbeamten an ihrer Seite, der mit einer gewissen Auslastung den Vereinen mit beratender Leistung zur Seite steht.
Die klassiche Aufgabe, wie schon oben erwähnt, ist die Bündelung von Holzmengen und deren Vermarktung. Hier muss man zwei verschiedene Arten unterscheiden: das Vermittlungs- und Eigengeschäft.
Holz bereit zur Abholung
Beim Vermittlungsgeschäft ist die Forstbetriebsgemeinschaft nie Besitzer der Ware, sondern kümmert sich um den Kaufprozess zwischen Waldbauer und Holzkäufer und bekommt dafür eine Provision.
Dagegen kauft die Forstbetriebsgemeinschaft beim Eigengeschäft das Holz des Waldbesitzers auf und vermarktet es selbst weiter an den Holzkäufer.
Immer mehr Platz nimmt mittlerweile jedoch der Dienstleistungsbereich der WBVs ein: so gibt es kostenlose Beratungen für Mitglieder, Waldbewertungen und auch die Koordinierung und Bereitstellung von Waldarbeit wie Pflanzungen, Fällungen und auch das Bewirtschaften ganzer Wälder.
Die größten Herausvorderungen haben beide mit dem Wort "Wandel" zu tun:
Früher waren Waldbesitzer oft zumindest Nebenerwerbslandwirte, die sowohl das Know-How als auch die Ausrüstung hatten, um sich selbst um die Bewirtschaftung des Waldes zu kümmern. Der Fokus lag dabei oft weniger auf forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten, eher war der Wald das bessere Sparbuch und die Grundlage für den späteren Hausbau und Engergielieferant für ein warmes Zuhause.
Heute haben Waldbesitzer/-innen oft einen Beruf und Familie, die sie mehr als 40-Stunden in der Woche binden und fordern. Da bleibt parallel wenig Zeit, um sich um die Belange des Waldes, die Instandhaltung von Maschinen und den Aufbau des entsprechenden Wissens zu kümmern. So wird der Besitz zunehmend zur Belastung.
Für diesen Fall bieten die Forstbetriebsgemeinschaften die Möglichkeit an, den Wald von Mitlgiedern komplett zu bewirtschaften. So wird im Rahmen eines Waldpflegevertrages ein langfirstiger Plan ausgearbeitet, auf dessen Basis vom Aufforsten, über die Bestandspflege, bis hin zur Fällung und Vermarktung alle Tätigkeiten ausgelagert werden können.
Klimawandel? Gibt's nicht? Gibts doch, wird Dir jeder Waldbauer, jeder Waldbesitzer und jeder Förster sagen. Bäume und ihre Kumpanen (Sträucher, Bodenbedecker und auch Bodenlebewesen) sind so individuell angepasst, dass schon geringe Temperaturunterschiede zu Störungen und Schwankungen führen.
Fällungen nach einem Borkenkäferbefall
Zu beobachten ist ein Anstieg der durchschnittlichen Temparatur in Kombination mit einem sich verändernden Niederschlagsverhalten (es regnet weniger oft, dafür dann stärker - die abolsute Niederschlagsmenge bleibt gleich). Gerade für Fichten (Flachwurzler) sind die längeren Trockenperioden ein großes Problem.
Aktuell am stärksten sichtbar werden die Auswirkungen bei den in Franken stark ausgeprägten Monokulturen. Hier greift der Borken- und Kiefernkäfer voll durch und schädigt die Bäume und Bestände nachhaltig.
Aber auch Eichenwälder (z.B. in den Fürst Wallerstein Forstbetrieben) haben stark zu kämpfen: der Eichenprozessions- und Schwammspinner schwächt die Bäume nach und nach so stark, dass sie in Kombination mit den schwierigen Witterungsverhältnissen eine fordernde Zukunft haben.
Bei einer nachhaltigen Forstwirtschaft gibt es folgende Grundsätze:
Es macht also Sinn, neue Baumgeneration so zu wählen, dass sie auch mit künftigen Herausforderungen gut zurecht kommen.
Für die oft vorhandenen Kiefer und Fichten Monokulturen folgt daraus, dass eine Naturverjüngung allein nicht ausreicht und so ein händisches Zupflanzen mit Bäumen, die besser für das künftige Klima geeignet sind, sinnvoll ist. Nur so kann ein nachhaltiger Mischwald, der weniger anfällig ist, entstehen.
Aufforstung in Kiefern und Fichten Monokulturen
Ein grundsätzliches Problem bei der Weiterentwicklung der Waldkulturen ist die langsame und träge Anpassung der Industrie und ihrer Verarbeitungsprozesse auf andere Holzarten wie Fichte oder Kiefer. Als Folge bekommt man oft schlechtere Preise für alternative Holzarten gezahlt.
Der Baum des Jahres 2018 ist die aus dem Mittelmeerraum stammende Edelkastanie. Ihre Eigenschaften sind vergleichbar mit der Eiche, sie ist aber angepasst an heißere klimatische Bedingungen und so eine tolle Alternative zu herkömmlichen Baumarten. Was man aber nicht verschweigen darf: man wettet auf eine potentielle Einsatzmöglichkeit und Vermarktbarkeit in mehr als 50 Jahren.
Nachhaltig wirtschaften bedeutet so natürlich auch Bäume dann einzuschlagen, wenn sie hiebreif sind. Je nach Baumart und Standort gibt es hierzu recht exakte Vorgaben - hält man sich daran, kann man am Markt den besten Preis erzielen und generiert so auch wirtschaftlichen Erfolg.
Dazu etwas Hintergrundwissen: grundsätzlich unterscheidet man zwischen verschiedenen Holzklassen wie Energie-, Industrie- und Wertholz.
Energieholz dient, wie der Name schon sagt, der Energiegewinnung - insbesondere für Heizung und Warmwasser. Im Wald sieht man dieses oft gelagert als Ster.
Dagegen wird Industrieholz oft in sogenannten Fixlängen verkauft und zu Paletten, klassischen im Baummarkt erhältlichen Brettern oder auch zur Papierherstellung weiterverarbeitet.
Im Privatwald werden heute oft nur diese beiden Kategorien bedient und produziert. Diese sind einfach zu produzieren und zu verkaufen.
Die dritte Kategorie, Wertholz, zu generieren ist mit mehr Aufwand und Wissen verbunden. Fichten verkaufen kann jeder, Eichen und Eschen richtig zu klassifizieren und entsprechende Abnehmer zu finden, ist dagegen deutlich schwieriger und aufwendiger.
Für eine Klassifizierung gibt es dabei folgende Holzklassen:
Werthölzer in hohen Qualitätsstufen werden in der Regel übers Jahr gesammelt und dann bei einer Wertholzversteigerung an den Höchstbietenden verkauft.
So kann man z.B. für einen Festmeter Eiche (B) zwischen 180€ und 400€ erlösen. Dagegen sind den Preisen von A Stämmen erstmal keine Grenzen gesetzt - im letzten Jahr wurden aber z.B. Festmeterpreise von bis zu 1800€ gezahlt. Um diese Preise korrekt einschätzen zu können, muss man viele Jahre Erfahrung mitbringen und den Markt genau einschätzen können.
Gute Stämme finden so ihre Verwendung in Möbelstücken, Musikinstrumenten oder als Furnier.
Die größte Herausforderung bei Wertholz ist es also zu wissen, wer für welche Bäume Bedarf hat und so eine sinnvolle und gute Vermarktung zu ermöglichen.
Erstmal mit einem herzlichen Dankeschön: Philipp, vielen Dank, dass Du dir so viel Zeit für uns genommen hast!
Auch in den nächsten Wochen möchten wir euch noch verschiedene Akteure des Holzkreislaufes vorstellen. Bleibt gespannt!